1.6.16

EU - Gerichtshof: "Staatsparlamente sind keine Gerichte."

Also das ist schon ein Leid mit dem merkwürdigen Verhaeltnis EU - Türkei.

Bei Verhandlungen zwischen Staaten kommen für gewöhnlich Maximalforderungen auf und man verhandelt, bis beide Verhandlungsparteien einen akzeptablen Deal erreichen, mit dem beide akzeptabel leben können.

Doch in letzter hat die EU anscheinend Probleme, gerechte Deals zu verteilen. Speziell im historisch zwiespaeltig gepraegten Verhaeltnis der Europaeer zu der heutigen Türkei hatte die Türkei auf Grund ihrer chronisch wirtschaftlich schwachen Situation mehr Kröten als gerechte Deals schlucken müssen.

Diplomatische Verhandlungen nutzen bekanntlich Druckmittel. Diese werden je nach politischer Bedeutung des Verhandlungslandes unterschiedlich vorsichtig formuliert.

Ein bestes Beispiel ist hier China, Russland oder Saudi - Arabien. An Hand dieser Laender sieht man wie wohltaetig EU - Poltik gesinnt sein kann, wenn sie, sagen wir mal abstrakt, 'abhaengig' ist.

Die Türkei machte in den letzten 20 Jahren erhebliche wirtschaftliche Fortschritte.

Das Problem, oder besser: das Dilemma, in dem sich die EU heute befindet ist die Tatsache, das die Türkei nicht mehr zu den 'Verhandlungspartnern' eingereiht werden kann, die sich einwandfrei in die Klasse 'Kröten schlucken lassen gegen Geld' klassifiziert werden kann.

Natürlich ist die Türkei für die EU nicht so wichtig wie China, Saudi Arabien oder Russland, klar.

Doch in der morgigen "Gerichtsverhandlung" des Bundesparlamentes, ob ein 78 - Millionen - Volk als Enkel einer Völkermordsbande abgeurteilt und abgestempelt werden soll oder nicht, ist man seit der Rechtsprechung im Falle Doğu Perinçek - Schweiz zu Gunsten Perinçeks' mehr als unschlüssig.

Ganz kurz zu dieser Verhandlungssache:
In der Schweiz wurde ein Leugnen der der armenischen Völkermords - Unterstellung unter Strafe gestellt. Herr Perinçek hat dies geleugnet und wurde bestraft. Perinçek brachte dies an den EU-Menschenrechtsgerichtshof - und gewann das Verfahren.

Die Substantiierung des Gerichtshofs war dabei relativ demokratisch:
historische Urteile sind Sache der historisch beteiligten Parteien und Sache der Aufarbeitung durch kompetente Experten. 
Synchron zum Gewaltenteilungsprinzip in der Demokratie hat keine LEGISLATIVE ein prinzipielles Recht, die Aufgaben einer JUDIKATIVE zu übernehmen und Petitionen, Resolutionen oder Verurteilungen 'im Namen des Volkes' auszusprechen. Das ist Sache der Gerichte.

Das zur Lesart des EU - Gerichtshofes, das bindend ist.
Auf die historischen Sachverhalte möchten wir hier nicht eingehen, dazu haben wir in unserem Blog hinrechende Beitraege veröffentlicht, aus denen sich genügend Quellen zu diesem Stellvertreter - Konflikt zwischen der Türkei und der mit Geld und Einfluss gesegneten armenischen Exil - Lobby in den USA & Frankreich heranholen laesst.

Am Ende des 2.Juni steht die EU eigentlich vor der Situation, ob im Falle einer Verurteilung der historischen Ereignisse der 'Partner' Türkei diese Kröte schlucken wird - oder eben nicht.

Dabei sollte jedem klar sein, das Perinçek beim deutschen  Verfassungsgericht gegen diese Resolution Klage erheben wird. Mit der Rechtssprechung des EU - Gerichtshofs im Rücken hat das deutsche Verfassungsgericht relativ wenig Handhabe, Perinçek zu widersprechen.

Doch was waere wenn das Rücknahmeabkommen saemtlicher Flüchtlinge aus der Türkei von der Türkei daraufhin gecancelt wird? So frei nach der Devise: Auf die 3 Milliarden Euro Hilfe geschissen!

Was waere, wenn die Türkei den EU - Exodus seiner 4 Millionen Flüchtlinge im Land mit Schiffen und Flugzeugen gar 'fördert'?

Dunkle Szenarien tun sich da im unter faschistischen Druck gegeisselten Europa auf....

Die Bundesregieurng glaubt, mit ihrer Armenier - Resolution ein Druckmittel gegen den Autokraten Erdoğan zu haben. Aber die Situation heute ist eine Andere.

Hierbei treten folgende Auffaelligkeiten zu Tage:
1. In der Armenien - Frage war Erdoğan bisher ein williger Kompagnon, die Verhaeltnisse zwischen dem mit faschistoiden Revanchismus getraenkten Armenien und der Türkei im Namen des Friedens zu bessern. Die historischen Archive der Türkei sind z.B. frei zugaenglich (die Archive zu diesem Thema in der Bundesregierung und - wen wunderts? - Armeniens jedoch komischerweise nicht ). Diese Archive können wieder geschlossen werden und mit einer gegenseitigen Öfnnung erst wieder geöffnet werden...
2. Der Autokrat Erdoğan kann nur durch dieses Thema noch mehr Anhaenger für sich verbuchen, als er eh schon für sich verbucht hat. Wie eine Kooperation der EU mit solch einem Erdoğan möglich sein wird ist dann wohl die zukünftige Denksportaufgabe der EU.
3. Die EU muss in seinen künftigen Strategien von der historischen Landkarte des Vertrags von Sevres endgültig Abschied nehmen, um im Nahen Osten einen nachhaltigen Frieden und den Exodus weiterer zahlloser Flüchtlinge in die EU zu verhindern.
4. Auch in der EU sollte man sich künftig daran gewöhnen, im Thema "Verhandlungen mit der Türkei" auch mal wieder 'Kröten' zu schlucken. Die letzten Kröten der Türkei schluckten die Europaer in den 40'ern ;)
5. Wie sagte der französische Premier Sarkozy "erst gestern" bei einem Treffen mit dem algerischen Praesidenten zum Vorwurf, Frankreich habe 1 Millionen Algerier völkermordartig planmaessig ermordet? "Die angeblichen Untaten von Grossvaetern können ihren Enkeln nicht in Rechnung gestellt werden."

Da hat Sarko mal ausnahmsweise Recht.

Alsoo: Viel Spass noch mit der Resolution morgen, Deutschland.