20.2.08

Verfassungsreformvorschlag in der Türkei: In der Angelegenheit "Kopftuch für die Frau"

Wir sind zur Zeit Zeuge einer sehr komplexen Situation in der Türkei:

Auf Grund eines Vorpreschens des Vorsitzenden Bahceli der nationalistisch-konservativen MHP wurde das in der Verfassung stehende Kopftuchverbot in den Universitäten zur Reform angeboten!

Doch das ist nicht 'ohne': Bahceli riskiert gerade eine tiefe Spaltung seiner Partei: denn der Pantürkismus der MHP sieht nicht die Religion, sondern die turanide Abstammung im Focus seiner politischen Gesinnung. In diesem Dunstkreis tummeln sich daher auch christliche Türken aber auch Turkvölker wie die Bashkurden, die dem Schamanismus frönen in Ufa (autonome Provinz Bashkurdistan in Russland).

Die innerparteiliche Zerstrittenheit der MHP ist kaum zu kontrollieren: "Bahceli führt unsere 'Sache' vom Berg "Tanri"(neutürkisch Gott)/Tengir(hunnisch Gott)/Dingir(sumerisch Gott) zum Berg "Umma" (die islamische Glaubensgemeinschaft auf arabisch).

Von diesen Arabern wollen die (auch bei Vollmond auch mal schon auf das Dach steigenden und wie Wölfe jaulenden) "Bozkurden", die grauen Wölfe, nichts wissen: "Die einzige Schnittmenge zu den Arabern ist unsere derzeitige Religion, die wir haben. Selbst Mohammed soll einmal gesagt haben: 'ich bin zwar Araber, aber ich bin nicht von den Arabern'. Seit dem 1.Weltkrieg sind wir 'durch' mit den Arabern (zur Erinnerung: diese machten damals gemeinsame Sache mit den Allierten gegen das damals dort herrschende osmanische Reich und verfielen anschliessend den Allierten als Kolonie zum Opfer, statt wie erhofft unabhängig zu werden). Und die Araber hassen uns, weil Atatürk das Kalifat (das Papsttum des Islam, welches derzeit der Osmanische Sultan inne hatte) abgeschafft hat."

Doch bleiben wir beim Thema:
5 Jahre lang hat die AKP das Thema Kopftuch immer nur mit ministerialen Polemiken kommentiert, jedoch keine Anstalten gemacht an der Verfassung etwas zu ändern.

Ihre islamisch geprägte Basis hat hierfür kein Verständnis gehabt und rügte ihre Führung auch.

Wie aus heiterem Himmel preschte nun die MHP hervor: Den Anlaß einer Rede Erdogans' in Spanien bei der internationalen "Konferenz der Kulturen" nutzend ("und was würde es schon ausmachen, wenn es (das Kopftuch) ein politisches Symbol wäre?"), hat die MHP die AKP aus seiner Heckenschützenpolitik gegen den kemalistischen Saekularismus herausgeholt.

Artikel 10 und 17 der Verfasung sollen nun neuformuliert bzw. erwietert werden. Hierbei fiel ein wichtiges Detail auf, das die Bedingung eines Kopftuch - Tragens im Artikel 17 beschrieb: keine Tragweise als politisch auslegbares Symbol, sondern der islamischen Tradition genüge leistend mit einem Bedecken der Haare mittels eines Kopftuches und einem schlichten Knoten unter dem Kinn. Getreu der kemalisitischen Praemisse: Glaube ist eine intime Angelegenheit und hat keine Mode oder zur Schau Stellung.

Schon äußert sich Unmut in den Reihen der AKP, deren verstrickte Machenschften mit dem Anführer der sogenannten Nur-Sekte (Nur - das göttliche Licht), Fethullah Gülen, der im Exil in Texas lebt, die das spezielle Tragen des Kopftuches als politische Visitenkarte für "ihre Sache" sehen und das Gestz für nicht ausreichend halten. Maximalforderungen eben.

Werden bei der MHP faschistische Tendenzen regelmäßig durch die EU gerügt, ignoriert man bei der AKP, die man als "Partner" ansieht, die Tatsache, das diese Partei, hervorgegangen aus der religiös - konservativen Milli Görüs nun aus islamischen Sektenmitgliedern besteht, die teilweise nicht das Geringste Gefühl für Zeitgeist und Moderne in sich tragen und eher zum Extremismus neigen als die MHP.

Doch was die "Sache" der islamischen Sekten in der Türkei? Dies ist relativ leicht zu beschreiben:
Ein recht konstanter Anteil in der Bevölkerung der Türkei hatte die Abschaffung des islamisch geprägten osmanischen Reichs durch Atatürk nie verdauen können - bis heute nicht. Somit wird die AKP als 'Abrechnungswerkzeug' mit der Modernisierung der türkischen Bevölkerung von oben angesehen.

Die AKePe als EU-kooperativer Freiheitsbringer und Durchdrücker von z.T. unangebrachten Forderungen der EU, gar als Kemalsimus - Demonteur? Mag sein. Doch die Beweggründe zwischen der EU und der AKP und ihren Bündnispartnern, den bedingungslosen Demokraten und Liberalisten in der Türkei, den Kemalsimus zu 'beerdigen', sind grundsätzlich verschieden. Das hat man in der EU noch nicht verstanden.

Für die USA ist das Projekt 'Konvertierung der Türkei von einem sozialen, demokratischen Rechtsstaat zum demokratischen Islamstaat' nur ein Testprojekt, das im Rahmen des 'Großen Mittelost - Projekts' der USA die Ziel und Zwecke der USA verfolgen soll. Hier heiligt der Zweck jegliche Mittel....

Die Aufhebung des Kopftuchverbot hat zweifellos einen Domino - Effekt auf die staatlichen und öffentlichen Institutionen, das ist absehbar. Denn trotz Beteuerungen der AKP und der MHP, das die Aufhebung des Verbots lediglich in den Universitäten vorsieht, wird jetzt schon in der AKP als auch der AKP nahestehenden Verbände, Vereine und Stiftungen über die Ausweitung der Aufhebung gesprochen.

Ausserdem möchte man das 'politische Kopftuch', das die arabisch geprägte Umma - Gesinnung nicht verschweigt, ebenso erlaubt sehen.

Mit beiden Wünschen der AKP hat die MHP nun erhebliche Kopschmerzen.

Bauchweh haben dagegen die mit der AKP verbündeten sogenannten 'bedingungslosen Demokraten': "unsere Zusammenarbeit endet dort, wo Freiheiten von Menschen eingeschränkt werden."
Das Kopftuch wird hier zurecht als eine Einschränkung der Frau und ihrer freien Entfaltung gesehen. So gesehen war der Status Quo in der Türkei ein Garant für die Freiheiten der Frau in diesem Bereich, der bis auf die Erbakan- und AKP-Riege allseits repektiert wurde.

Die AKP versucht nun die Aufhebung des Verbots als eine Freiheitserweiterung der Frau zu verkaufen! Denn viele Frauen, die ein Kopftuch tragen wollen, können - so die AKP - nicht studieren. Das viele eben dieser Frauen durch die Gehirnwäsche der "Imam Hatip" - Gymnasien durchlaufen haben, wird dabei gekonnt verschwiegen.

"56% der jungen Frauen in der Türkei haben kein ausreichende Bildung (8 Jahre) oder sie wird ihnen verwehrt" meckern die AKP-gesinnten Zeitungen wie das Nur-Sekten - Blatt "Zaman" oder die fundamentalistische "Vakit" und zielen damit auf das Kopftuchverbot der Universitäten.

Der Vorsitzende der DSP (demokratische Linkspartei; Begründer: Ecevit), Zeki Sezer, hat diese Untersunchung jedoch öffentlich weiter ausgeführt oder besser: er hat sie zu Ende wiedergegeben:
von diesen 56% sind lediglich 1% der jungen Frauen betroffen durch das Kopftuchverbot.

Seitdem sind diese Argumente ebenso verpufft wie das paradox klingende Argument 'Erweiterung der Freiheiten der Frau'.

Die MHP-Führung steht nun vor mehreren Problemen:
- ihre eigene Basis ist gegen die Abschaffung eines Schlüsselverbots der sekulaeren Demokratie der Türkei zum Schutz der Rechte der Frauen;
- ihre eingen Basis verdaut es nicht, das neben der AKP auch noch der politische Arm der PKK/KADEK/PJAK, die kurdisch-nationalistische DTP ebenso für die Aufhebung des Kopftuchverbots im Parlament ist; Dank MHP-Chef Bahceli sitze man im selben Boot mit 'Terroristen und deren Sympathisanten';
- die AKP torpediert den Zusatz im Artikel 17 mit dem Hinzufügen des politischen Kopftuchs u.a. der Gülen - Sekte, die von der MHP als Bedingung gestellt wurde.

Zu alledem kommt nun ja noch der Ratifizierer der Verfassungsänderungen - der Staatspräsident, der das Gesetz absegnen muß. Gül hat hier seit 8 Tagen keine Stellung bezogen. Das Thema ist heikel, doch kennt man Gül als "braven Notar der AKP - Regierung": jede Gesetzesänderung die einst beim ehemaligen Staatspräsidenten Sezer und seinem juristischen Analystenteam zur Revision zurückgesandt wurde an die Regierung, wird augenblicklich unterschrieben. Selbst auch mal nachts um 03:00, wenn alle schlafen ;-).
Nun ist jeder in der Türkei etwas irritiert: was wird Gül machen? Seine Frau hatte vor einigen Jahren beim Menschenrechtsgerichtshof von Den Haag gegen die Türkei geklagt und hatte versucht, das Kopftuch als Menschenrecht einzuklagen. Die Klage wurde damals inkl. Berufung abgewiesen. unterschreibt er das Gesetz nicht, bricht er mit seiner AKP - Basis (wird aber evtl. so doch zum "Präsidenten für alle Türken"), unterschreibt er auch dieses Gesetz, so outet er sich endgültig zum degradierten Notar der Regierung.

Zu allem Überfluss fährt Erdogan die liberalen Bündnis - Medien wegen dieser Sache scharf an und droht unter der Decke mit "finanziellen Konsequenzen" (Steuerkontrollen etc.).

Die Presse antwortete hierauf prompt mit breiten Mitteilungen darüber, wie ausländisches Kapital das Land seit der Ankündigung der Aufhebung des Kopftuchverbots verlasse, die Regierung aber im Gegensatz zu den kritischen Aussagen des Militärs vor einem Jahr kein Problem mit dieser Realität habe. Die Medien erinnern sich nun wieder an die gestiegene Arbeitslosenzahl auf über 12%, der steigenden Inflation, die wieder zweistellig geworden ist, die Preissteigerungen bei Strom, Kraftstoff und Erdgas, die Passivität der Regierung bei Förderprogrammen, die staatsverschuldung von fast 400 Milliarden US-Dollar wird protestiert, sie monieren plötzlich die 'neuen Verbote' einiger AKP-Stadtverwaltungen, wie "Reglementierungen bei Alkoholkonsum" oder merkwürdige Statuten wie "zur Schau Stellung von Freizügigkeit", was sich ja mit dem bedingungslosen Freiheitsgedanken, die die AKP ja angeblich trägt, beissen würde.

So wird die AKP nun in breiter Masse zusehends ins korrekte Licht gerückt:
Sie ist eine Partei, deren Aktionen für eine gesunde, demokratische Weiterentwicklung der Türkei eher schadet.

Journalisten weisen nun immer mehr auf diesen Vergleich hin: "Die Türkei ist wie ein Zug, auf deren Wagenschildern Brüssel oder Helsinki steht, aber ein Zug ist der gen Teheran fährt".

Dieser Konfliktkurs schadet Erdogan immens. Erdogan braucht die Presse.
Auch der Bruch mit den verbündeten Liberalisten schadet Erdogan.
Die Gesetzestextdreherei zugunsten der eigenen politisch-islamischen Basis führt zu einem Kooperationsbruch mit der MHP und schadet Erdogan.
Das Fehlen einer klaren Aussage des Staatspräsidenten zu diesem Thema schadet Erdogan.

Zu allem Überfluß wurde die Tagesordnung der anstehenden Sicherheitsratssitzung mit den Militärs aus aktuellen Anlaß durch die Offiziere thematisch abgeändert.

So wie der EU-Offizielle für die EU-Aufnahmeprozedur Lagendijk es korrekt beschrieben hat: Erdogan hat die Büchse der Pandora geöffnet.

Oder besser: die MHP hat Erdogan Brotkrumen vorgelegt. Und Erdogan hat diese zu schnell geschluckt und hat sich verschluckt.

Vielleicht hat die MHP hier riskant gespielt, aber möglicherweise bringt sie das Kartenhaus 'AKP' und das dahinterstehende Arabisch-Amerikanische Joint - Venture zum Einstürzen.

So oder so: es kann nur noch besser werden.

13.2.08

Deutschland: Mauserung zum rechts-terroristischen Anzünder - Staat?

Jedes Land hat so sein Phlegma:
Amerika - Land der Todesstrafe und verlogenen Demokratie.
Frankreich und UK - die Kolonialschweine.
China - das Folterland.
Iran - DER Schurkenstaat.
Türkei - Knastfolter-Land.

Und nun mausert sich Deutschland mit einem unrühmlichen Phlegma:
wo immer in der BRD Wohnungen, Heime und Haeuser Feuer fingen und fangen - rechtsradikale Brandstifter und vertuschende braun-blinde Polizei scheinen international zu einen schlechten Beigeschmack für die Demokratie der BRD zu werden.

Statt Nazi Hass - Graffittis an den Waenden in dem Brandopferviertel unleserlich zu machen, taete die Polizei in Ludwigshafen gut daran, die Übeltaeter zu finden, die so etwas an die Wand kritzeln an statt vorbei zu fahren.

Dies wird auch mit grosser Wahrscheinlichkeit zu den Brandstiftern führen.

Was aber, wenn breitflaechig Sympathie zu Rechtsradikalen bei der Polizei vorhanden ist?

Diese kritische Frage muss sich Deutschland stellen und Lösungen finden, will sie das Problem Rechts-Terrorismus in der BRD WIRKLICH angehen!