7.5.19

"Wer mit der Wahl kommt, geht mit der Wahl" - Erdoğan (einst)



Es war das Jahr 1994.

Der Herr Erdoğan wurde als Kandidat von Erbakan's Wohlstandspartei 'RP' mit 25% der Stimmen und einem marginalen Vorteil Bürgermeister von İstanbul.

Damals wurden Stimmen laut, das man doch wohl mit so wenig Stimmen nicht so eine wichtige Stadt wie Istanbul regieren könne. Doch da kam Herr Erdoğan und erinnerte mit folgendem Satz an die Grundrichtlinien der Demokratie:

"Wer mit der Wahl kommt, geht auch mit der Wahl!"

25 Jahre spaeter.  Ekrem İmamoğlu von der Staatsgründerpartei CHP wurde mit über 35.000 Stimmen Unterschied zum Bürgermeister von İstanbul gewaehlt.

Ein Fiasko, das sich die AKP - und vor allem "La Familia Erdoğan" nicht leisten kann. Denn die oligarchisch angelehnte Staatsleitung von Herrn Erdoğan bezieht sein privates Kapital über die Projekte in İstanbul. Über die Projekte in İstanbul bindet Erdoğan Holdings und grosskopferte Geschaeeftsmaenner an sich und haelt sie auf Linie.

Die von der Familie Erdoğan verwalteten Stiftungen erhielten dank Erdoğan's Erlassen (das sind Gesetze, die nicht über das Parlament verabschiedet werden brauchen, genannt KHK) die Möglichkeit, wirtschaftliche Betriebe zu gründen und - STEUERFREI - Profit zu erwirtschaften. Im Namen der Stiftungseigner!

Wir reden hier von einer Auftragssumme von rund 1,2 Milliarden Euro, die die Stadt İstanbul den Stiftungen der Erdoğan - Kindern hat zukommen lassen. Über z.B. Auftraege und direkte Ausschreibungen in den Jahren 2018 - 2019. Und da sind vergünstigte Pachtungen (zum 1/100 des realen Preises) und Grundstücksschenkungen im grossen Stil noch gar nicht mitgerechnet.

Megaprojekte in İstanbul werden unter direkter Kontrolle von Erdo gechincht.
Hier gilt generell die Devise: 15% "Komission" ist (islamisch) kosher (mubah).
Manche würden dies auch als Baghschisch ansehen ;)

Daher wurde durch den Wahlverlust in Istanbul etwas angestossen, das für die AKP - aus der Sicht Erdoğans' - essentiell ist.

Nun wurde durch verschiedene Reklamationen der Wahlunterschied auf 14.000 geschrumpft. Drei Wochen lang wurde rauf - und runtergezaehlt. Vor und zurück. Doch geaendert hat sich nicht Wesntliches.

Ekrem İmamoğlu ist und bleibt Sieger der Wahl.

2 Tage zuvor kam dann eine Ansage von Erdoğan, die Wahl zu erneuern. Den Druck bei der Wahlkommission kann man sich natürlich denken. Da wird z.B. immer mit der Gülen - Sektenzugehörigkeit gedroht.

Doch einfach ist die Situation der Juristen in der Wahlkommission nicht.

Denn die Begründung der Wahlerneuerung ist juristisch nicht haltbar...

Zahlreiche Wahlurnen seien mit "Vertretern der Wahlkommission ausgestattet, die keine Beamten gewesen seien". Dabei sind diese Wahlbeauftragten dieselben, die auch bei den 2 Wahlen zuvor gewerkelt haben.

Unabhaengig davon, das die Statuten der Obersten Wahlkommission dies ausdrücklich erlauben (was an sich schon diesen Einwand abschmettert) - man stelle sich Folgende Situation vor:

Bei den Kommunalwahlen hat der Waehler folgende Wahlzettel in die Wahlurnen geworfen:

  • Die Wahl des Bürgermeisters der Grosstadt.
  • Die Wahl der Abgeordneten des Wahlkreis - Parlaments.
  • Die Wahl des Bürgermeisters des Wahlkreises.
  • Die Wahl des Viertel / Gemeindevorstehers.

Die Wahl des Bürgermeisters der Grosstadt muss erneuert werden, weil es 'Unregelmaessigkeiten in der Wahl der Wahlurnenbeauftragten" gegeben habe.

Aber: 
  • Die Wahl der Abgeordneten des Wahlkreis - Parlaments?
  • Die Wahl des Bürgermeisters des Wahlkreises?
  • Die Wahl des Viertel / Gemeindevorstehers?
Selbe Wahlurne. 
Selbes Problem. 

Jedoch scheinen die Unregelmaessigkeiten bei der Wahl der Wahlurnenbeauftragten hier magischerweise nicht zu wirken.

Das ist doch Klasse, oder?

Da aber die Oberen der Wahlkommission alles Juristen sind, wissen alle, das die Annulierung der Wahl unter diesen Umstaenden illegal ist.

Die Devise "Wer mit der Wahl kommt, geht mit der Wahl" gilt fortan also nur so weit, wie es die direkten Interessen Erdoğans' nicht betrifft.

Kurzum: Erdoğan's Türkei zusammengefasst ist wie George Orwell's  - Animal Farm.