12.10.20

Armenien - Vom Sowjet - Überbleibsel zum Schurkenstaat

Eine Reflektion fernab von SPIEGEL - Eiern.

Er hat es derzeit wirklich nicht leicht - Nikol Paschinian, Premier von Armenien.
2018 an die Macht gelangt.und den damaligen Praesidenten Robert Koçaryan gestürzt, setzte der Westen - oder besser - die USA und Frankreich grosse Stücke auf ihn. 


Aber warum Frankreich und die USA? 

Ganz einfach: dieses Land beherbergt die wohlhabenden Diaspora - Armenier. Also die Armenier, die laut westlicher Völkermordsbekundungen eigentlich alle haetten tot sein müssen.

Egal. Dieses real existierende Paradoxon kann und wird der Westen nur mit Selbstreflektion und der korrekten Recherche in britischen und russischen Archiven selbst auflösen können. Oder auch nicht.

Kommen wir zur aktuellen Lage.

Wie gesagt waren die Diaspora - Armenier recht hoffnungsvoll mit Paschinian. Auch er hat an den Support des Westens geglaubt. Das dachte Georgien vor Jahren aber auch einmal. Doch der russische Baer ist nun mal kompromisslos, wenn es um seine direkte Haustür geht.

Der Staat hinter dem Staat - die GuS - Russland - Connection

Machen wir uns keine Illusionen: Koçaryan war ein Mann Russlands. Mit seiner Festnahme tat der derzeitige Ministerpraesident nichts Gutes für sein Land. Putin wies ihn Anfang 2019 bei einem Staatsbesuch darauf hin, Koçaryan freizulassen. Vergeblich. Selbst Frau 'Putin' besuchte Madame Koçaryan. Es half nix.

Die 5000 russischen Soldaten im Herzen Armeniens sind ein Garant dafür, das Armenien geschützt ist - aber auch gleichzeitig der Garant dafür, die Armenier 'auf der Spur' zu halten. 
Die derzeitige Situation zeigt jedoch, wie verzweifelt Paschinian ist, sodas er einen Konflikt riskiert, der seit über 25 Jahren von der Minsk - Gruppe (Frankreich, Russland, USA) zu Armenien's gunsten auf lauer Flamme gehalten wurde.

Armenien verzeichnete 20 % des Azerbaidschanischen Landes auf seiner Seite, inklusive Berg - Karabach, das nach der Auflösung der Sowjetunion in einem Vertrag Zwischen Azerbaidschan, Armenien, Gorbatschow und Schewardnadse 1989 eigentlich Azerbaidschan anerkannt wurde.

Ein blutiger 3 Jahre waehrender Krieg mit dem Support der russischen Armee auf Seite der Armenier stellte Fakten.

(Hintergrund: Stalin erzeugte ein 'teile und herrsche' - Modell im eigenen Land, bei dem er u.A. Berg - Karabach als armenische Provinz deklarierte)

Azerbaidschan versuchte nach dem Krieg jahrzehntelang, die Minsk Gruppe zu überzeugen, ihren von Armenien stets ignorierten Aufrufen Aktionen folgen zu lassen. Vergeblich: Russland kennt die erfolgreiche Lobby - Arbeit der Diaspora - Armenier an Hand der Türkei und. Deswegen schwieg auch Russland.

Bis 2018. Denn mit dem westlichen 'Maulwurf' (Paschinian) hat man Russland förmlich 'ans Bein gepinkelt'.

Armenien ist bitterarm, verkauft Nuklearstrom an den Iran gegen Erdöl und hat sonst auch nix. A bissserl Baumwolle noch - das war's. 
  • rund 2,5 Millionen Einwohner, 
  • 45.000 Soldaten und 
  • russische Waffen aus den 70 - 80'ern. 
  • Aber dank der Minsk - Gruppe war es im Besitz von 20% des Bodens Azerbaidschans.

Azerbaidschan's Erdöl und Ergas - Segen vom kaspischen Meer brachte Wohlstand. 
  • 12 Millonen Einwohner, 
  • 450.000 Soldaten und 
  • ein jaehrliches Militaer - Budget von über 3 Milliarden Dollar krempelten die marode ex-sowjetgeschaedigte Armee komplett um.

Die Türkei modernisierte die militaerische Akademien in Baku nach eigenem Modell, ebenso wie die komplette Ausbildung der Azerbaidschanischen Armee.

Russland und die Türkei teilen sich die miltaerischen Kaeufe Azerbeidschans. 

In den 26 Jahren konnte Azerbaidschan somit seine Armee regelrecht flott machen. Eine Tatsache, die aber Russland und Iran (35% der Iraner sind azerbaidschanische Türken) mit eher gemischten Gefühlen begegnen.

Die Bombardierung von Tovuz (Azerbaidschan) - Armenien's makabrer 'Hilferuf'

August 2020, womöglich enttaeuscht von der Inaktivitaet westlicher Financiers, entschied sich Paschinian überraschend, zivile Ziele in Tovuz zu bombardieren.

Die Bombardierung hatte mehrere  Ziele:
  • Durch das Sterben von Zivilisten sollten sich Drittstaaten über die UN dem Thema annehmen (ja, das ist krass). Je mehr beteilgte Staaten, umso unlösbarer wird ein Problem. Der Garant für den Status Quo also. Nicht schlecht gedacht.
  • Tovuz beherbergt wichtige Pipeline - Routen aller Erdöl- und Erdgasriesen, auch Europas', so das ein 'Handeln' auch vom Kapital gefordert werden sollte.
Doch das Echo blieb aus. Keine UN, keine EU, die sich des Themas' annahm. Wieso auch? Das Land ist besetzt, gehört Azerbaidschan, Armenien ist Besatzer. Und zudem schlichtweg zu uninteressant. Ausser vielleicht dafür, die Türkei alljaehrlich im schlechten Licht stehen zu lassen. Aber mehr auch nicht.

Putin, der sowieso eine Rechnung mit Paschinian offen hatte, selber aber aus vorher genanntem Grund keine Ambitionen hat, Armenien zu bestrafen, liess daher zu, das Azerbaidschan auf die militaerischen Angriffe antwortet.

Der naechtliche Waffenstillstand - Russlands' Machtdarstellung

Eigentliche hatte Azerbaidschan nach dem Wiederaufflammen des Krieges die besten Karten auf seiner Hand. Lavrov draengte jedoch  Ilham Aliyev zu einem Waffenstillstand. 

Der Hintergrund: Das internationale Rote Kreuz und der rote Halbmond sollten die gefallenen Soldaten nach Armenien abtransportieren, armenische Zivilisten, die von der armenischen Regierung in den 90'ern zwangsumgesiedelt wurden, sollten gefahrlos nach Armenien zurückreisen können - wenn sie es wollten.

Nach 11 - stündigen Verhandlungen war de Waffenstillstand letztes Wochenende klar, Lavrov war zufrieden, aber Aliyev zweifelte an dem Waffenstillstand.

Armenien wird zum 'Schurkenstaat'


Noch in der daraufflogenden Nacht startete Armenien, vom eigenen Territorium aus, Azerbaidschan's zweitgrösste Stadt Gence mit Raketen zu bombardieren. 
Auch das Ziel hier wieder: Zivilisten. Derzeit wurden 9 Tote und Dutzende Verletzte aus den Trümmern geborgen . Darunter leider auch Kinder.



Die Kalkulation Armeniens' hierbei ist jedoch finster: 
Durch den Angriff direkt aus Armenien erhofft sich Paschinian einen Angriff Azerbaidschans' auf armenisches Territorium (denn derzeit finden die Kaempfe in und um Berg - Karabach statt  - also auf Azerbaidschanischem Boden).

Damit möchte Armenien - vor allem dem Westen - beweisen, das es Azerbaidschan auch auf armenisches Territorium abgesehen hat. Das ist ziemlich krass.

Resultat?
  • Armenien wird diesen Krieg verlieren, seine belagerten Regionen an Azerbaidschan abtreten (war finanziell eh nicht haltbar) - oder in den Gefechten verlieren.
  • Russland kann den Vormasch des Westens in den Kaukasus - oder korrekter - Zentral- Eurasiens - erneut stoppen.
  • Durch die passive Haltung Russlands' in diesem Konflikt gewinnt Russland das Vertrauen Azerbaidschans', das mehr als mau war, da die Minsk Gruppe nur den Status Quo kontrollierte. Aber zu keiner gerechten Lösung verhalf.
  • Durch den Bruch des Waffenstillstands kann Russland Armenien bequem sagen: "das war (vorerst) Eure letzte Chance auf einen Dialog".
  • Paschinian wird in sehr naher Zukunft gegen eine Russland - treue Figur ausgetauscht werden und Armenien kann dann wieder auf russische Finanzhilfen hoffen.
  • Rund 150.000 armenische Gastarbeiter leben derzeit in der Türkei - geflüchtet von der Armut Armeniens - Tendenz steigend. Auch dieses Paradoxon muss der Westen für sich irgendwie auflösen (Gastarbeiter im Völkermordsland und so). Oder auch nicht.
Mit Armenien hat die Türkei auf jeden Fall einen weiteren asozialen bitterarmen Risiko - Staat an der Backe. 

Vielleicht sollte die Türkei und Azerbaidschan das Land komplett abkaufen und den Staat auflösen?