12.2.10

Westerwelle offensichtlich mit Reflektionsschraeglage...


Also was hat man denn Westerwelle in den Kaffe getan? In Passau bont Deutschlands Nr2. das Verfassungsgerichturteil quasi als sozialistisch.

Er wertet dies so, das mit diesem Urteil das Arbeiten für unlohnend erklaert wird. Und das sei - ganz im Ernst - für ihn dann sozialistische Denke.

Lieber Herr Westerwelle.

Das der Grundsicherungssatz der Menschen in Deutschland neu berechnet werden muss und somit ALGII'er aller Wahscheinlichkeit mehr Geld erhalten werden (müssen), ist nicht irgend jemandes Schuld!

Die Verringerung des Unterschieds zwischen durchschnittlichen Arbeitslohn und ALGII liegt daran, das
  1. die Lebenshaltungskosten in Deutschland - trotz Schönstatistierens - einfach drastisch gestiegen sind und
  2. Die Arbeitsgehaelter reell seit 18 Jahren stagnieren.

Als Wirtschaftslieberaler, dem die humanistischen Werte im Liberalismus noch bekannt sein sollten, müssen auch Sie sich diese Fragen stellen:
  • Wie konnten wir Gehaelter trotz real existierender Inflation in den 18 Jahren nur so stagnieren lassen?
  • Wie konnten wir es zulassen, das wir staerkstes Exportland der Welt wurden, aber bei der Binnenmarktstaerke in der EU im untersten Viertel liegen (als Antwort siehe vorangegangenen Punkt)?

Sehen wir doch mal in die deutschen Archive:
  • in den 70'ern konnte eine 4-köpfige Familie normalerweise ihren Wocheneinkauf für ca. 25 - 30 Euro bewerkstelligen. Ein gut abverkauftes Auto (Mittelklasse) kostete damals rund 5.000 - 7.500 Euro. Man verdiente damals in der Industrie bereits 1500 Euro brutto im Schnitt.
  • in den 80'ern konnte eine 4-köpfige Familie bei ihren Wocheneinkauf immerhin mit 35 - 50 Euro rechen. Ein gut abverkauftes Auto (Mittelklasse) kostete damals bereits schon 10.000 - 15.000 Euro. Das Gehalt stieg auf fast 2000 Euro brutto in der Industrie an. Teilzeitarbeit betrug damals 18 - 20h/Woche.
  • in den 90'er ging's dann los mit der Schieflage. Eine 4-köpfige Familie kam zusehends in Bedraengnis. Mit 60 - 75 Euro musste man beim Wocheneinkauf schon rechnen. Die gut abverkauften Autos kosteten 15.000 - 20.000 Euro. Das Leihen von Geld zum Kauf von Autos begann. Denn der Lohnt in der Industrie betrug nach wie vor rund 2000 Euro. Teilzeit wurde mit 20 - 24 h/Woche bewertet.
  • Mit dem Beginn des 21. Jh. wird es dann endgültig 'lustig': Unter 75 Euro ist gar nichts mehr zu machen mit dem Einkauf einer 4-köpfige Familie. 80% der abverkauften Autos gehören jahrelang den Banken ;-) - und selbst für Gebrauchtfahrzeuge bekam man Wucherkredite; für 15.000 Euro bekommt man in dieser Zeit gerade mal einen Kleinwagen. Und das reale Durchschnittsgehalt ? Nix wirklich Neues - 2.000 Euro brutto. Und: alles was unter 30 h/Woche ist, wird als Teilzeit angesehen (!).
  • und die aktuellen 10'er? Eine 4-köpfige Familie muss schon wirklich zaubern, will sie bei den avisierten 100 Euro im Wocheneinkauf bleiben. Der Staat gab dem Bürger sogar eine Einmalzahlung von 2500 Euro, damit er sich neu verschuldet und ein Auto kauft und sein funktionierendes Auto verschrottet. Einen guten Volkspassat unter 20.000 Euro gibt's nicht mehr! Achso, das Gehalt des normalen Arbeiters? Wie gehabt: 2000 Euro. Und ab 34 h/Woche wird Vollzeitarbeit angesehen, darunter isses Teilzeit.

Reichtum für alle ist für Sie nicht machbar. O.k., Herr Westerwelle.

Aber wenn Sie glauben, die Marktrealitaeten in Deutschland für den Opportunismus einer kleinen Clique da ganz oben im Land der Wohlhabenden zu negieren, dann sind sie keine Volkspartei mehr.

Dann sind Sie wieder die F.D.P. - FAST DREI PORZENT.

Es ist schon schlimm, das Politiker lieber auf die Bestaetigung
vom Verfassungsgericht warten, das Sie mit HarzIV Mist gebaut haben, und eher eine Schmach erdulden, als bei dem Teil der Gesellschaft, die eh' ihr zu vieles Geld woanders investiert, mal auf den Tisch zu hauen und einmal ordentlich die Hand aufhaelt.

Was glauben Sie, lieber Herr Westerwelle tut den Betroffenen mehr weh:
  • von 40 Millionen Durchschnittshaushalten 100 Euro mehr aus der Tasche zu ziehen ( macht 4 Milliarden Euro im Klingelbeutel) oder
  • von 1000 wirklich dicken 2-/3-/4- stelligen Millonaeren - einmalig aus Solidaritaet zu Krise - 10 Millionen Euro ( macht 10 Milliarden Euro) aus ihren Taschen zu ziehen?
Na was meinen Sie?

Die oberen Tausend können vielleicht dann in diesem Jahr keine weitere schöne Villa in Florida ihr eigen nennen, wer weiss. Aber für Millionen Familien machen 100 Euro weniger im Jahr manchmnal sogar gewaltig was aus!

Wenn Sie denken, das sei Sozialismus, dann liegt Ihr Sinnieren über die derzeitige Lage der Menschen in der BRD wirklich schief.

A propos sozialismus: Gehen Sie mal dann erstmal nach Schweden. Die haben da erst dieses Jahr begonnen, die Apotheken zu privatisieren! Und den Schweden geht es als Sozialisten wirklich gut, inklusive toller Pisa - Note, ganz ehrlich!

Vielleicht sollten Sie doch auch mal wieder über die humanistischen Werte im Liberalismus reflektieren, Herr Westerwelle!? Wer im Liberalismus nur den freien (Wirtschafts-) Markt sieht (und dies kurz nach dem Platzen der freikapitalistischen Blase), das humanistische Imperativ im Liberalismus aber vergisst, der hat da eigentlich auch als Führungsperson der F.D.P. doch gar nichts verloren, oder?

Sehen Sie doch mal auf den Fall Schröder: er nahm der SPD das "S" weg, rühmte sich damit und sitzt nun - wo? Genau, da wo er schon Anfang der 90er offensichtlich hingehörte, oder nicht?

Doch jedes Volk bekommt die 'Führer', die es verdient. Man waehlt Sie ja schliesslich. Das gilt überall, wo man das Spielzeug Demokratie zu benutzen glaubt. Naja - und für die für's Neue kaum mehr offenen, desinteressierten, ja fast schon apathischen Deutschen scheint diese Regierung dann vielleicht auch wohlverdient zu sein - oder?