5.7.06

Brief an den israelischen Premier

Der türkische Author und Kolumnist Emin ÇÖLAŞAN hat aus aktuellen Anlass zur absurden Situation in Israel einen fiktiven, ironischen Brief an den israelischen Ministerpräsidenten geschrieben, den wir hier auszugsweise übersetzen möchten:


"(Zitat) Sehr geehrter Premier von Israel, wie geht es Ihnen? Wenn Sie mich fragen, so möchte ich mich hier frank und frei bei Ihnen beschweren.

Wegen des einen Soldaten, der von den Palaestinensern entführt wurde, machen Sie hier echt den Aufriss. Wie wir erfahren haben, haben Sie den Befehl erteilt, alle 'Ziele zu zerstören' und eine Offensive zu starten. Ihre Armee war ja bereits auf palaestinensischem Gebiet und Sie haben ja bereits alle Minister und Abgeordnete entführt, die Sie zu fassen gekriegt haben. nun geht das ganze aus der Luft und zu Boden mit Bombardierungen weiter.

Geehrter Herr Premier, wieso solch eine Eile? Übertreiben Sie nicht mit Ihren verwendeten Mitteln? Wenn er entführt wurde, wurde er entführt. Und Sie wollen ihn ja unbedingt lebend haben.

Also, Exellenz - leben Sie auf dem Mond?

Wurden Sie in den nahen Osten mit einem Fallschirm abgeworfen?

Wir schlagen uns seit Jahren mit Terror in dieser Region herum. 6.000 Soldaten und Polizisten wurden ermordet, unzählige Soldaten wurden entführt, Tausende Zivilisten starben an Kollateralschäden.

Im Nordirak haben unsere Soldaten sogar vor ihrer Entführung durch US-Streitkräfte Säcke auf die Köpfe gestülpt bekommen.

Das Sterben geht hier bei uns schon seit Jahren.

Gucken Sie uns an: nach jeder Beerdigung eines Soldaten bleibt uns nicht viel anderes übrig als daraufhin zu weisen, das dies Konsequenzen haben wird - das war's denn auch.

Also werter Herr Premier, in was für einem Land leben Sie eigentlich? Ist das nicht etwas peinlich, für einen Soldaten solch einen Tanz aufzuführen?

Wenn Sie sich aus diesem Grund für solch einen Aufmarsch legitmiert sehen, hätte die Türkei doch die gesamte Region 6.000 mal auseinandernehmen müssen oder nicht.

Sie (die Terroristen) sind wie bei Ihnen unter uns, die bösen, und leben im Nordirak. Sie kommen über die Grenze, haben ihre Helfer, sähen ihren Terror und verschwinden wieder in den Nordirak.

Gucken Sie uns an: Tun wir etwas gegen die PKK Kasernen im Nordirak? Null.

Sagen wir etwas gegen die Marionettenregierung im Irak, oder gegen die USA und die EU, die im Nordirak und in ihren eigenen Ländern die PKK dulden? Meinen Sie nicht wir könnten denen allen den Arsch aufreissen?

Und ausserdem: wir sind ein richtig grosses Land. Nicht so wie Sie.

Und so, wie Ihr Arsch den USA gehört, gehört auch unser Arsch den USA! Also die USA ist sowohl Ihr als auch unser 'Verbündeter'.

Neuerdings sind unsere Oberen ja immer bedacht, Mittler zu spielen. Zwischen dem Iran und der USA (was die USA kaum interessierte) - und nun versuchen sie, zwischen Ihnen und den Palaestinensern zu vermitteln. Bitte verprellt sie nicht!

Denn wenn sie schon ihren eigene Probleme vor Ort und im Nordirak nicht gelöst kriegen, so lassen Sie ihnen wenigstens das Gefühl, anderen helfen zu können!

Sie bringen die Welt in Aufruhr für einen Soldaten. Davon sind wir schon lange weg. Wir erdulden das alles, indem wir einfach zuschauen. Warum das alles?

Weil wir nicht wie Sie sind!

Wir sind ein grosser, seriöser Staat!

Wir möchten mit niemanden Probleme haben, ob sie nun unsere Soldaten ermorden, entführen oder Säcke auf die Köpfe stülpen und dann entführen - wie auch immer.

Geehrter Herr Premier von Israel ich bin echt sauer. Für einen Soldaten können Sie das doch nicht machen!

Seien Sie gemaessigt, ergeben Sie sich Ihrem Kismet!

Gott bewahre, was Sie gemacht hätten, wenn Ihnen 6000 Sicherheitskräfte getötet würden wie bei uns. So wie das ausschaut, wär da garantiert ein dritter Weltkrieg drin gewesen, nicht wahr, Herr Premierminister?

Nehmen Sie uns als Vorbild. Brüllen Sie und fuchteln Sie, aber reagieren Sie nicht, so einfach ist das.

Machen Sie es gut!"