1.7.08

Schock in der Türkei: wieder 20 'Laizisten' festgenommen...

Schwierige Tage als Kemalist und Oppositioneller in der Türkei:
heute wurden wieder 7 bekannte des öffentlichen Lebens, Journalisten, Strategische Experten, der Vorsitzende der IHK Ankara, Akademiker sowie zwei pensionierte Generäle festgenommen.

Pünktlich zur Anklageansprache zur Schliessung der AKP, die heute in Ankara stattfand, wurde die Türkei Zeuge von einer Festnahmewelle, die u.A. zur erneuten Durchsuchung der sowieso bereits abhörgeschädigten Partei CHP um Deniz Baykal und der linken Tageszeitung CUMHURIYET führte.

Die nach dem Entstehungsmythos der Türken 'Ergenekon' getaufte Festnahmewelle, die nun seit einem Jahr anhält, beinhaltet nun mehr und mehr Ungereimtheiten.

So besteht zum einen kein ausgersprochener Verdacht oder sonstige konkrete Anschuldigung. Lies: eine Haft ohne Klageformulierung!

Zur aktuellen Fest- nahmewelle hat der angeblich verant- wortlich zeichnende Staats- anwalt 'in spe', Aykut Cengiz Engin (Foto), erläutert, das die Festnahmen nicht von ihm erlassen wurden. Bei den Festnahmen berufe man sich bei der türkischen Polizei jedoch eben just auf diesen Staatsanwalt.

Nehmen dem problematischen Freiheitsentzug von Oppositionellen, der nicht Vorhandensein von Anschuldigungen und Festhaltens von Menschen scheint sich nun auch Dokumentenfälschung als üble Techniken dieser dubiosen Opposition einzureihen.

Als 'Operation zum Aufdecken des Staates hinter dem Staat' und zur 'Gewährleistung der Demokratie' verkauft, gerät die AKP immer tiefer in Erklärungsnot, da man mittlerweile auf die AKP als Initiator dieser Aktionen zeigt.

Damit würde ein weiteres demokratisches Moment, nämlich der Gewaltenteilung in einer Demokratie durch die AKP wieder einmal torpediert.

Ausserdem wird diese 'Ergenekon - Operation' schon seit geraumer Zeit in der Türkei nicht mehr als Aufdeckung eines 'Staates hinter dem Staat' angesehen.

Es tritt immer augenscheinlicher zu Tage, das die AKP still und heimlich demokratische Denker und Oppositionelle aus dem Verkehr ziehen möchte, um den Weg für eine islamisierte neue Staatsform zu ebnen.


Dieser von der AKP initiierte, zivile Putsch mit der Zuhilfenahme der Demokratie zur weitgehenden Beendigung selbigens wurde natürlich nicht ausschliesslich durch eigene, nativen Ideen forciert.

Die Türkei steht mit der derzeitigen Regierung in dem ernsten Dilemma, ihr bisher Erreichtes gegen die übermächtige Kooperation des Westens mit anti-laizistischen Post-Osmanischen fundamentalistischen Fanatikern zu verlieren.

Der Schliessungsantrag der AKP sowie das 5 jährige Politik - Verbot gegen Erdogan und seine Reiter der Apokalypse aus der AKP könnte so im Falle einer Nicht - Schliessung ein erheblicher Wendepunkt für die Weltgeschichte darstellen.

Denn mit der Türkei als zweites, sunnitisches Iran, ihres (von der AKP) bereits offenbarten Wunsches einer "osmanischen Re-Integration" des turkmenisch-kurdischen Nordens von Iraks ist die alte Welt konfrontiert mit neuen, noch unkalkulierbareren Entwicklungen und Interessen: durch die tragische AKP-USA-EU Koalition befindet sich der eigentlich durch den völkischen Kemalismus gut beerdigte osmanische Expansiongedanke leider im Zombie - Mode..

Der EU kommt dabei mit der taktisch fehlerhaften Behandlung der AKP die tragische Rolle der Person 'die Geister, die ich rief...' zu.

Tja, liebe EU.

Man sollte vorsichtig sein bei dem was man sich wünscht ("weg mit dem nationalen, protektiven, anti-globalistischen, anti-imperialistischen Kemalismus"). Es könnte sein, das man es bekommt.